Inmitten eines globalen Handelskonflikts, der durch die Politik von Donald Trump angeheizt wurde, steht Deutschland vor komplexen wirtschaftlichen Herausforderungen. Während die USA den Druck auf internationale Handelspartner erhöhen, bietet China sich als scheinbar verlässlicher Partner an. Der Ökonom Jürgen Matthes analysiert in einem Interview, wie Deutschland diese Situation nutzen kann, ohne dabei seinen Standort zu gefährden.
In einer Zeit intensiver geopolitischer Spannungen hat sich das globale Handelsgefüge stark verschoben. Die USA unter Trump haben mit ihren strengen Zollmaßnahmen viele Länder gezwungen, neue Allianzen einzugehen. In diesem Kontext sucht China nach stärkerem Zusammenschluss mit Europa, um seine Position zu festigen. Doch laut Jürgen Matthes, Leiter des Clusters Internationale Wirtschaftspolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), muss Deutschland bei dieser Gelegenheit äußerst vorsichtig agieren.
Die Volksrepublik entwickelt sich zwar zu einem wichtigeren Handelspartner, doch ihre Strategien bergen erhebliche Risiken. Obwohl China im letzten Jahr seinen Konsum etwas angekurbelt hat, bleibt sein Exportmarkt für deutsche Unternehmen weniger attraktiv. Ein besorgniserregender Trend zeigt sich auch darin, dass Deutschland in den letzten zwei Jahren um 16 Prozent weniger Waren nach China exportiert hat. Dies liegt zum Teil daran, dass chinesische Firmen zunehmend heimische Produkte bevorzugen und weniger ausländische Importe benötigen.
Zudem ist der Systemkonflikt zwischen China und dem Westen weiterhin präsent. Chinas Subventionspolitik verzerrt den internationalen Wettbewerb, was deutschen Produzenten schwer zusetzt. Auch die Drohgebärden gegenüber Taiwan und im Südchinesischen Meer bleiben unvermindert bestehen.
Dennoch gibt es positive Entwicklungen: Peking zeigt erste Anzeichen von Flexibilität. So könnte es möglicherweise Sanktionen gegen europäische Parlamentarier zurücknehmen und Investitionsbedingungen verbessern. Diese kleinen Schritte könnten jedoch nur dann von Vorteil sein, wenn sie konkret den Standort Deutschland und die Arbeitsplätze dort stärken.
Die EU sollte daher klare Prioritäten setzen. Dazu gehören eine Aufwertung des Yuan, fairere Wettbewerbsbedingungen sowie ein Technologietransfer in Bereichen, in denen China technologisch vorn liegt. Ohne solche Maßnahmen besteht die Gefahr, dass Europa von billigen chinesischen Produkten überschwemmt wird, falls die USA den Import von chinesischen Waren weiter einschränken.
Mit Blick auf diese Herausforderungen fordert Matthes, dass die EU gezielt Handelschutzmaßnahmen ergreifen sollte, um heimische Produktionsbetriebe zu schützen. Dies könnte durch Antidumpingzölle oder Importbeschränkungen geschehen.
China muss sich jetzt auf die Suche nach neuen Absatzmärkten machen. Es ist anzunehmen, dass asiatische Nachbarländer sowie Lateinamerika zunächst im Fokus stehen. Doch auch der europäische Markt könnte von einer Überschwemmung mit chinesischen Produkten betroffen sein.
Von Journalistischer Seite betrachtet birgt diese Situation sowohl große Chancen als auch Gefahren. Während eine enger gewordene Zusammenarbeit mit China potenziell neue Handelsmöglichkeiten erschließen könnte, birgt sie gleichzeitig das Risiko, nationale Interessen zu vernachlässigen. Eine kluge Balance zwischen kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteilen und langfristigen strategischen Überlegungen ist somit entscheidend. Deutschland sollte die Chance nutzen, um seine eigenen Interessen klar zu definieren und dabei nicht aus dem Auge zu verlieren, was den Standort und die Arbeitsplätze hierzulande stärkt.